Kategorie: Bodenkultur

#12 . Die Stille von Abschied und Verbundenheit.

Zwischen Rückblick und Ausblick hat nicht einmal ein aufgestelltes Pauspapier Platz. Genau dieser Abstand aber ist es, den wir einzig greifen können. Deshalb können wir die Schönheit der gemeinsamen Momente auch nicht zählen. Sie sind nämlich etwas ständig Gegenwärtiges und nicht einfach so in Fragmente zu zerlegen. Auf jeden Fall haben wir uns auf dieser Pauspapiertiefe getroffen und werden da auch noch bleiben, bis auf weiteres oder einfach für immer. Denn wenn man sich trifft und sich berührt, in diesem steten Jetzt, dann verweben sich die Seelen und brauchen plötzlich keine eigene Gewandung mehr. Alles fließt ineinander und aus diesem Ineinander: Daraus entsteht Freundschaft, Verliebtsein und Liebe. Und es entsteht eine gemeinsame Geschichte, eine Gegenwart, die sich über die Seelen hinaus ausdehnt. Immer wieder.

An dieser Geschichte bauen wir mit der unmittelbaren Familie, mit den Handwerker*innen und Freund*innen seit gar nicht allzu langer Zeit. Und natürlich mit zehn Studierenden, die am 1. Oktober 2020 ihr Ferienhaus, drübern am Hügel, aufgeschlagen haben und seither mit Sack und Pack, mit Fahrrad und Bassbox, kilometerweise Bergstraßen sammeln (man sagt sich: „Ein ganzer Everest schon.“), um bei Hägi Wendls Gehöft Baupraxis für das Architekturstudium zu sammeln. Die erste Episode unserer gemeinsamen Zeit geht gerade zu Ende. Das bedeutet, dass wir einen Knick in die Buchseite machen, um es vorerst beiseite zu legen. Es sind die wortlosen Blicke, das stille Lächeln, das aneinander vorbei gehen, immer wieder, und die Möglichkeit aus vielen Wahrnehmungen eine zu machen. Es ist das Verstehen ohne Erklärung und das Erkennen ohne Definition, die einer gemeinsamen Zeit die Minuten entwenden und sie dann stehen lässt: Zeitlos. Wir sind an dieser Stelle unendlich dankbar, dass Lena, Julia, Jamie, Dani, Moni, Annika, Franzi, Flora, Yuti und Max über den Lehrgang BASEhabitat der Uni Linz drei Monate in Zwischenwasser verbracht haben und dieses Vorhaben auch zu dem ihren gemacht haben. Ein großartiges Danke auch an Martin, Dominik und Hanno. Danke. Danke. Danke. Die Geschichte geht weiter.





#8 . Das sakrale Licht und der unsichtbare Beton.

In der Natur der Sache liegt das Ungewisse versteckt. Es gibt Dinge die einfach auftauchen und es gibt Dinge, die einfach nicht da sind. Mit beiden Phänomenen lernen wir ständig umzugehen: Wenn wir graben und rechen, wenn wir entfernen und verstauen oder wenn wir entdecken, um dann zu überlegen, wie wir damit umgehen. Ein altes Haus ist ein altes Haus. Außerdem ist es ein Gefäß voller erzählter und verschwiegener Geschichten, es ist ein unnahbares Objekt, das gleichzeitg tiefgründige Beheimatung gibt. Ein altes Haus also, in dem wir gerade die Schichten der Jahrhunderte schälen, um zu entdecken, was eben dieses Haus uns sagen will. So werden wir zu Schriftführern und Geschichtenerzählern. Wir sind Archäologen und Fundamentalisten, sind Bewahrer einer alten Seele und Erneuerer der statischen Grundlagen.

Es gilt gerade, mehr denn je, mit der Historie vom Haus Nr. 24 wohlwollend umzugehen, während wir die Notwendigkeiten nicht außer acht lassen dürfen, die dazu beitragen, dass dieses Haus für viele weitere Erzählungen stehen bleiben kann. Von Grund auf entlasten wir die Altsubstanz des Gebäudes und geben ihm einen neuen Unterbau, damit es wieder atmen kann. Rundum konnten wir die uralten Schwellbalken erhalten und sie durch schrittweises Untergraben vor weiterer Mauerfeuchte schützen. Durch die Auseinandersetzung mit der Substanz haben wir gelernt, mit unseren Händen zu verstehen. Die verschiedenen Lebensabschnitte früherer Bewohner und die Generationen und Familien, die hier gelebt haben; allesamt haben sie bauliche Spuren hinterlassen. Mal ein Schnellschuss, mal durchdachte Kleinigkeiten. Wir sind zu Forschern geworden, obwohl wir zum Bauen hergekommen sind. Und dann haben wir bemerkt: Es gehört alles zum Errichten eines Zuhauses dazu: Forschen, verstehen, betonieren, beleuchten und manchmal stillstehen, damit man die Idee des Hauses spüren kann, um sie in den heutigen Tag zu übersetzen.

#5 . Das größere Umfeld.

Jedes Vorhaben ist nie in sich selber gebettet. Es braucht eine innewohnende Motivation und Vision, genauso, wie es eine regionale und kommunale Verankerung geben muss. Also haben wir damit begonnen, Gespräche zu führen – viele Gespräche. Wir haben die Geschäftsführer*innen der Regio Vorderland und der Regio im Walgau getroffen (Danke für eure Unterstützung Eva-Maria und Christoph). Wir haben der Gemeinde Zwischenwasser unsere Ideen unterbreitet und prompt einen Vorstandsbeschluss zur ideellen Unterstützung von Hägi Wendls bekommen. Schlussendlich hat uns eine stille Stimme den Input gegeben, dass die Europäische Union eine Anlaufstelle eingerichtet hat, die derartige Projekte unterstützt. LEADER heißt diese Förderinitiative und hat den Sitz für unsere Region direkt um die Ecke. Wir sind also in einem Umfeld voller Möglichkeiten daheim, gebettet in ein großes und ganzes Miteinander.

In aller Kürze: Die Idee Hägi Wendls wird mit ihrem Kulturbereich nun als förderungswürdig geführt und offiziell von der EU unterstützt. Das hilft uns sehr und ist eine wundervolle Wertschätzung für unser Vorhaben. Ein Dank an dieser Stelle möchen wir Karen Schillig und Yvonne Müller von der Förderstelle in Rankweil aussprechen. Und ein stilles Danke an Karl Heinzle, der uns den richtigen Stupf gegeben hat.

#4 . Die Bereitung des Weges.

Jede tiefgreifende Auseinandersetzung beginnt mit ein bisschen Stille, mit einer Beschäftigung nach innen. Deshalb kommt uns die Hausaufgabe, die uns die Uni Linz gibt, gerade recht: Ein grober Umriss der Materie, unsere Ideen und Fundamente, die Visionen und Illusionen, die uns begleiten, seit die Sache mit Hägi Wendls in Bewegung gekommen ist. Wir hocken uns also hin und recherchieren und schreiben und gestalten und galoppieren durch die vergangenen 200 Jahre, bis wir fast taumeln. Und ganz plötzlich atmen wir durch und vor uns liegt eine fertige Broschüre voller Inputs und Details, mit all den Menschen, die uns bisher begleitet haben und den Ausblicken, die uns das Haus Nr. 24 vorgibt.

Diese Broschüre fungiert fortan als Wegbegleiter*in und Dokument. Sie wird ständig erweitert und erneuert. Hier geht es zur Einsicht in die aktuellste Version.

#3 . Der Lauf der Dinge.

Immer ergibt das Eine das Andere und das Nächste und Übernächste auch. Unumgänglich wird man Passagier*in im eigenen Big-Easy-Express. Was bleibt da übrig, außer ein großes Zurücklehnen und Schauen nach vorn und zurück, zur Seite und in die Ecken, damit man nichts Wesentliches überbewertet oder einem das Unwesentliche entgleitet. Wir sitzen nun also in diesem Express und tingeln durch die Geschichte. Es ist ein Schmunzeln und Bangen, ein Aufarbeiten und Umschaufeln, ein rückwärtiges Entdecken, Aufdecken und Bemerken. Um uns liegen über 200 Jahre Geschichte der Familien Längle, Schnetzer und Keckeis. Dazu kommen punktuelle Hereinnahmen aus dem Hause Lampert, Naphegyi und Schatzmann. Da kann einem schonmal auf historische Weise schwindlig werden.

Ein Geschichtsexpress ist es also, aus dem wir uns die vorbeiziehende Landschaft anschauen. Das Schöne daran: Wir nehmen die Eindrücke mit, die wir beim Aufräumen von Heu- und Dachboden gefunden haben, behalten ein bisschen was von den Dingen, die wir abgestaubt und heiß ausgewaschen haben. Sie bekommen einen neuen Platz im Haus Nr. 24, irgendwann. Andere Dinge übergeben wir den Containern, die inzwischen draußen vor dem Haus stehen. Es hat alles seine Zeit.

#2 . Das Entdecken und Behalten einer Idee.

Vor über sechs Jahren also haben wir, damals noch unter anderen Voraussetzungen, über eine umfassende Sanierung vom Haus Nr. 24 nachgedacht. Wilde Ideen und außerirdische Varianten haben wir mit Martin durchgespielt. Geblieben ist von damals vor allem Eines: das Herzstück von Hägi Wendls, das uns in seiner Grundlage bis zur tatsächlichen Umsetzung und darüber hinaus begleiten wird. Die Idee, den Heuboden und die Tenne als Kulturraum zu adaptieren und damit den landwirtschaftlichen Teil des großen Gebäudes einer Doppelnutzung zuzuführen: Bodenkultur und Kulturboden, Gestaltungen und Veranstaltungen, Landwirtschaft und Gastwirtschaft.


Von vielen Elementen haben wir uns den Ideenkern behalten und sind nach großen architektonischen Schleifen wieder zu einem der Gedankenursprünge zurückgekehrt: Ein großes Haus ist immer ein Gedanken- und Spielraum. Deshalb öffnen wir dieses Haus für die Gemeinde, die Region und darüber hinaus. Es ist ein gutes Herzstück, um das wir zu bauen beginnen.